Ablenkung mit Kurzfilmen – Edition „Lokale Helden“
Wir setzen hier unsere kulturelle Ablenkung mit den einigen Highlights des Kurzfilmfestivals „Lokale Helden“ fort. Auf Euch warten viele inspirierende Kurzfilme, in denen die spezifischen Grenzen des Filmmediums erprobt werden. Die Autoren wagen verschiede technische und gestalterische Experimente, recherchieren zur Inspiration auf dem naturwissenschaftlichen Gebiet und suchen auf eine vielfältige Weise andersartige Zugänge zum Film.
Cordyceps
2014; Achim Kirsch; 3.47 Min; Animationsfilm
„An Cordyceps hat mich fasziniert, wie eine Lebensform eine andere nutzt, um die eigene fortbestehen zu lassen. Einerseits ein grausames und andererseits ein komplex faszinierendes System das ausgelegt ist auf einen Kreislauf von parasitärer Übernahme und Reproduktion. Cordyceps benennt eine parasitische Pilzgattung. Die Sporen des Pilzes durchwachsen nach einer stattgefundenen Infizierung, den Körper eines Wirtes und bilden ein Subiculum. Aus diesem entwickeln sich sogenannte Sammelfruchtkörper, Stromata. Der Fruchtkörper dringt durch den toten Körper des Wirtes und stößt nachdem er sich ausgebildet hat wiederum Sporen aus, bereit zur erneuten Infizierung. In letzter Konsequenz benötigen alle Entwicklungsprozesse einen parasitären Impuls. (frei nach Michel Serres)“
Achim Kirsch
TT
1999; Dominik Bednarz; 4.15 Min, 16mm
„Meine Diplomarbeit an der HdK Berlin war eine experimentelle und spielerische Untersuchung von Zeit und Raum mithilfe einer selbstgebauten Panoramakamera. Ein Panorama ist zwischen Foto und Film angesiedelt. So zeigt der Film TT eigentlich ein sehr langes Foto etwa in der Geschwindigkeit der eigentlichen Aufnahme. Fasziniert hatte mich damals die Erkenntnis, dass Sehen auch ganz anders funktionieren könnte. Die Aufnahmetechnik des Films TT ist ein Scan – der so funktioniert wie das Hören!“
Dominik Bednarz
Die Archäologen
Monja Lalotra, Esteban Perez, Marwin Stindt
„Der Film ist eine Semesterarbeit und wurde als Dauervideoinstallation konzipiert. Wir haben zusammen das Drehbuch mit viel Improvisation geschrieben. Aber insgesamt war das eher ein improvisiertes Arbeiten als ein durchgeplantes.“
„Wir haben irgendwie was gemacht, um was zu machen.“ (Marwin Stindt)
Monja Lalotra
Lichtanz
2012; Bernd Fiedler, 5.35 Min
„Alter der Tänzerin 27, Alter des Bildgestalters 72.“
Bernd Fiedler
Die Welt in Bildern
2015; Martina Harand, Ramona Kambach, Georgy Volovich; 4.28 Min
Die zum Leben erweckten Bücherseiten ziehen uns wie hypnotisiert in eine filmische Welt, die uns mit auf eine Reise quer durch die Zeitgeschichte nimmt.
#ностальгия
2017; Eugenia Bakurin & Laura Carlotta Cordt; 3.56 Min
„Der Blick durch den Sucher einer Super-8-Kamera transportiert nostalgisch anmutende Filmbilder, korrelativ zu digitalen Aufnahmen. Eine Atmosphäre des Vergangenen wird erzeugt und gleichzeitig durch die Erscheinung der digitalisierten Materialität hinterfragt. Das Spannungsverhältnis zwischen Analogem und Digitalem wird ebenso auf der Tonebene thematisiert: Zwei Filmemacherinnen in einem, für die Rezipient_innen undurchsichtigen, Arbeitsgespräch, welches augenscheinlich das Filmbild kommentiert.“
Eugenia Bakurin, Laura Carlotta Cordt
https://www.youtube.com/watch?time_continue=1&v=l8QhON1f4z4&feature=emb_logo
Schaffner, schaff!
2019; Jannis Mieck; 11.14 Min
„Als ich das „Eisenbahngleichnis“ von Erich Kästner gelesen habe, habe ich mir sofort gedacht, dass das doch ein cooler Film sein könnte.
Da ich selber hauptberuflich als Schauspieler tätig bin ist als Regisseur die Arbeit mit den Schauspielern sehr fachbezogen. Ich arbeite wenig mit technischen Vorgaben, sondern versuche, besonders die Schauspieler in die benötigten Emotionen zu leiten. Zum Beispiel durch Improvisationen zum Warmmachen.
Auch in anderen Aspekten war ich der Improvisation offen. Zu damaligem Zeitpunkt habe ich mich viel mit der Farblehre nach Goethe beschäftigt und die Farbfilter sollen im Film die Storyabschnitte (einzelnen Wagons) verdeutlichen. Das war allerdings nicht von Anfang an geplant, sondern war zunächst ein Einfall des Kameramanns.“
Jannis Mieck
https://www.youtube.com/watch?v=2GzxltfNmVk
Das Bärtierchen
2016; Kerstin Welther; 4 Min¸ Animationsfilm
„2015 hatte ich die Idee, für meine Abschlussarbeit im Fach Kommunikationsdesign einen Zeichentrickfilm über irgendein außergewöhnliches Tier zu machen. Bei der Recherche stieß ich auf die Bärtierchen. Sie sind winzig klein, niedlich und haben erstaunliche Fähigkeiten. Es war Liebe auf den ersten Blick. Kombiniert mit meinem Faible für Science-Fiction ist dann dieser Film entstanden. Alles, was darin über Bärtierchen gesagt wird, ist wahr.“
Kerstin Welther
Ebene minus eins
2014; Gor Margaryan; 4.30 Min
„Mich haben immer schon sogenannte „versteckte“ Räume fasziniert, die nicht sehr präsent sind, aber jedoch eine Rolle in unserem Leben spielen. Als Kind habe ich mal in einen Fahrstuhlschacht hineingeschaut und dieser Eindruck vom Lichtspiel und der Blickperspektive hat mich mein ganzes Leben lang begleitet. In diesem Film kam es dann dazu, dass ich einen alten Industrie-Fahrstuhl gefilmt habe, der heute öffentlich verwendet wird. Hier habe ich Dokumentaraufnahmen mit inszenierten Aufnahmen gemischt. Der Fahrstuhl hatte für mich eine symbolische Bedeutung: man versteht zwar, dass es sich im Film um einen Fahrstuhl handelt, man sieht jedoch nicht, ob dieser tatsächlich oben oder unten ankommt. Die Zeit bleibt in diesem Raum wie eingefroren.“
Gor Margaryan